Seit 1999 fahre ich mit dem Zug zur Arbeit in die Schweiz. Zwischen 1999 und 2017 pendelte ich zwischen Konstanz und Zürich, seit 2017 geht es weiter bis in ein kleines Dorf kurz hinter Olten.
2005 begann ich die Strecke zu fotografieren. Teilweise fotografierte ich vor oder nach der Arbeit im Zug (aus dem Fenster, im Abteil). In den Mittagspausen, nach Feierabend und an freien Tagen wanderte ich die Strecke ab.
Entstanden sind mehr als 20.000 Fotos, die nun sortiert, geordnet und gelegentlich kommentiert werden. Die Fotografien sind komplett auf und an der Strecke zwischen Konstanz und Zürich entstanden. Seit Dezember 2020 wird jede Woche eine Serie veröffentlicht.
Die Strecke hat eine Länge von ca. 83 km (Luftlinie 57 km), die schnellste Verbindung nimmt 1:16h in Anspruch. Die Strecke wurde zwischen 1999 und 2020 befahren. Die Fahrt wurde nicht täglich zurückgelegt. Bis 2017 Jahr wurde die Strecke pro Jahr ca. 120 mal befahren (Hin- und Zurück), das entspricht einer jährlichen Strecke von ca. 20´000 km und einer bislang bewältigten Gesamtstrecke von 350´000 km. Insgesamt wurden ca. 6500 Stunden auf der Zugstrecke verbracht (ca. 270 Tage).
Mehrmals wöchentlich wurde die selbe Strecke befahren und doch veränderte sich der Ort andauernd. Häuser wurden abgerissen, noch mehr Häuser wurden gebaut, die Thur trat über die Ufer und wieder zurück, die Hochhäuser schoben sich nach oben. Die Bäume wurden grün, gelb, braun, kahl. Mal war der Säntis schneebedeckt, mal im Nebel versteckt, mal von Heissluftballonen umringt. Der Mais wurde gepflanzt, er wuchs und wurde geerntet. Im nächsten Jahr war dort ein Sonnenblumenfeld. Dann wurde wieder Mais angepflanzt.
Wir wohnen nicht mehr am Ort, sondern im Transport, so Paul Virilio, der Philosoph der Geschwindigkeit. Die Wanderungen mit dem Fotoapparat waren mein Weg für die Rückgewinnung des Ortes. Ich verbrachte mehr Zeit im Zug als in meinem Wohnzimmer. Ich wollte wissen, wo ich bin.
Elemente des Pendeln finden sich auch im Arbeitsleben wieder: die strenge Taktung der Ereignisse; die voraussehbare Wiederholung der Abläufe; die zahllosen Gegenüber, die aus der Wahrnehmung fallen; die Monotonie und die Langeweile, die einen immer wieder umkreist; die Freude an kleinen Veränderungen; die Verachtung des Umweges. Pendeln ist eine ausgezeichnete Ausrichtung auf die tägliche Arbeit. Das Pendeln hinterlässt Spuren. Bei den Pendlern. Aber auch in der Landschaft, die sie täglich durchfahren.